Regionales Pilotprojekt ComPaxion
in den Kantonen Aargau und Zug
ComPaxion: Psychosoziale Beratung von Geflüchteten für Geflüchtete
Für Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrungen besteht in der Schweiz eine Lücke in der Versorgung der psychischen Gesundheit. Viele Geflüchtete sind aufgrund traumatischer Erlebnisse in ihrem Herkunftsland oder während der Flucht psychisch belastet. Dazu kommen häufig zusätzliche psychosoziale Belastungen während der Integrationsphase.
Paxion bietet Menschen mit Flucht-, Migrations- und Gewalterfahrungen eine niederschwellige psychosoziale Beratung auf Augenhöhe – durch Fachpersonen mit eigenen Flucht- oder Migrationserfahrungen – mithilfe der international erprobten Gesprächsmethode Value Based Counseling VBC®. Durch die Beratungen können sich die Klient:innen stabilisieren und im Rahmen von bis zu acht Sitzungen (zu jeweils 50 Minuten) ihre psychische Belastung reduzieren.
2023 bis 2024 hat Paxion das erste Team von sogenannten transkulturellen psychosozialen Counselor:innen weitergebildet sowie in Aarau und in Zug je eine Beratungsstelle eröffnet. Die Berater:innen bringen eine berufliche Vorqualifikation aus ihrem Herkunftsland mit und haben die einjährige Weiterbildung zu VBC®-Counselor:innen abgeschlossen.
Die Paxion-Counselor:innen kommen aus Afghanistan, Iran, Syrien, Kurdistan, Türkei, Bolivien, Eritrea und aus der Ukraine. Sie bieten psychosoziale Beratung in folgenden Sprachen an: Farsi, Dari, Paschtu, Usbekisch, Tadschikisch, Kurdisch-Kurmançi, Kurdisch-Sorani, Arabisch, Türkisch, Spanisch, Tigrinya, Amharisch, Ukrainisch und Russisch.
Klient:innen
Das Counseling richtet sich an alle Menschen ab 16 Jahren im Asyl- und Integrationsprozess, die durch die Sozialdienste der Kantone Aargau und Zug betreut werden und die angebotenen Sprachen verstehen.
Wie kommen die Klient:innen ins Counseling?
Bitte wenden Sie sich an Ihre fallführende Stelle. Diese unterstützt Sie bei der Anmeldung. Anschliessend nimmt ein:e Counselor:in Kontakt auf mit Ihnen, um einen Termin zu vereinbaren.
Kanton Aargau: Anmeldeformular mit verschlüsseltem E-Mail beratung@paxion.ch.
Kanton Zug: via Fachperson bei den Sozialen Diensten Asyl
Das regionale Pilotprojekt: Investitionsphase 2022 bis 2024
Das regionale Pilotprojekt ComPaxion umfasste eine Investitionsphase von 2022 bis 2024, in der in Zusammenarbeit mit den Pilotkantonen Aargau und Zug insgesamt 17 Counselor:innen weitergebildet und im Rahmen der Praktika erste Arbeitsabläufe entwickelt wurden.
Die Weiterbildung der Counselor:innen wurde von Fachleuten von Ipso International Psychosocial Organisation https://ipsocontext.org/ durchgeführt. Sie umfasste drei Monate Intensivtraining mit Selbsterfahrung und neun Monate Praktikum unter fachlicher Supervision und dauerte vom September 2023 bis August 2024.
ComPaxion stellt Screening/Triage und die Weitervermittlung der Klient:innen sicher. Dazu arbeiten wir eng mit den kantonalen Regelstrukturen und im Kanton Aargau mit der Organisation Psy4Asyl zusammen.
Finanzierung Betrieb (seit Oktober 2024)
Für den regulären Betrieb mit zertifizierten Counselor:innen in den Beratungsstellen Aarau und Zug finanzieren die Kantone die Beratungseinheiten mittels leistungsbezogener Sozialbeiträge. In den drei Jahren Pilotbetrieb 2025 bis 2027 etablieren wir das Angebot und entwickeln die benötigten Prozesse zur Angebotssicherung. Zudem soll das Angebot breit bekannt gemacht werden.
Im Januar 2024 haben die Counselor:innen – noch im Rahmen ihres Praktikums – mit den Einzelberatungen begonnen
Die Paxion-Counselor:innen haben im Jahr 2024 über 430 Klient:innen beraten und insgesamt rund 2’600 Sitzungen von je 50 Minuten durchgeführt. Viele Klient:innen erlangten dadurch ihre Handlungsfähigkeit und Lebensfreude zurück.
Ausblick
Wenn sich das regionale Pilotprojekt ComPaxion bewährt, wird es in weiteren Kantonen durchgeführt.
Als ersten neuen Partner konnten wir den Kanton Nidwalden gewinnen. Vorerst werden dort Klient:innen aus ausgewählten Herkunftsregionen beraten. Anschliessend wird die Zusammenarbeit evaluiert.
Klient:innen
Das Transkulturelle Psychosoziale Counseling richtet sich an Personen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte, die unter leichten bis mittleren Belastungsreaktionen leiden, wie Ängsten, Schlafstörungen, psychosomatischen Reaktionen und Depressionssymptomen, bevor diese ein klinisch relevantes Ausmass angenommen haben.
Eine wichtige Dimension der Methodik ist die Erfahrung, dass viele psychisch belastete Geflüchtete nicht im eigentlichen Sinn krank sind. Vielmehr leiden sie unter den schwierigen Lebensumständen wie Vertreibung, Flucht und Exil. Der Austausch mit einem adäquat ausgebildeten Gegenüber ermöglicht es Betroffenen, starke Gefühle wie Wut und Trauer oder innere Konflikte zu verstehen sowie einen neuen Umgang damit zu entwickeln. Im Rahmen von bis zu acht Beratungen kommen die Klient:innen (wieder) in die Selbstwirksamkeit.
Das innovative Pilotprojekt ComPaxion trägt dazu bei, die psychische Gesundheit von Geflüchteten langfristig zu verbessern und beugt der Chronifizierung von Belastungsstörungen vor. Es bietet den Geflüchteten ein stabiles Fundament für eine erfolgreiche Integration und gesellschaftliche Teilhabe.
Pilotprojekt Video-Counseling (abgeschlossen)
Pilotprojekt Video-Counseling (abgeschlossen)
Während der Covid-19-Pandemie führte Paxion gemeinsam mit Ipso ein Pilotprojekt Video-Counseling für Asylsuchende in der Schweiz durch. Erfahrende Counselor:innen aus den verschiedenen Beratungsstellen der Partnerorganisation in Deutschland haben Asylsuchende per Video beraten. Es konnte gezeigt werden, dass der Beratungsansatz Value Based Counseling VBC® hilft, dass sich die psychische Belastung bei den Betroffenen deutlich verringert. Die Auswertung des Projektes ist sehr positiv und gibt den Projekten von Paxion hohe Glaubwürdigkeit.